CFP: Joint Ventures

Joint Ventures
Der künstlerische Zugriff auf Kunstsammlungen und Ausstellungsgeschichte

Datum: 03.-05.09.2019
Ort: Institut für Kunstgeschichte, Universität Zürich

Künstlerische Interventionen in Sammlungen sind aus dem heutigen Ausstellungsbetrieb nicht mehr wegzudenken. Bereits die Avantgarden der 1920er Jahre verstanden Ausstellungen als öffentliche Plattformen und Mittel künstlerischer Reflexion. Im Zuge einer neuen Museologie der 1930er Jahre wurden die objektivierenden Ansprüche kuratorischer Werturteile und Praktiken von den Künstler*innen zunehmend in Frage gestellt. Dabei unterzogen sie die rhetorischen Potenziale der kuratorischen Formate, des Archivs und der Dokumentation einer künstlerischen Kritik. Der wachsenden Bedeutung thematisch ausgerichteter Wechselausstellungen in Konkurrenz zu Sammlungspräsentationen Ende der 1960er Jahre und dem hiermit verbundenen Anspruch auf kuratorische Autorschaft standen viele Künstler*innen ambivalent gegenüber. Zudem wurden seit den 1990er Jahren Museen und Sammlungen als globale – transnationale Geschäftsmodelle adaptierende – Akteure massiv hinterfragt. Was als konfliktreiche Einmischung begann, ist mittlerweile zum Joint Venture zwischen Künstler*innen und Institutionen geworden. Kritische Oppositionen scheinen aufgegeben, die letzte Hoffnung der Museen im Dickicht globaler und postkolonialer Fragen liegt offenbar auf künstlerischen Strategien.

KünstlerInnen werden eingeladen, um Reinszenierungen zu erarbeiten, Archive und Depots zu sichten, einen anderen Zugang zu den Objekten zu erschließen oder problematische Aspekte der Sammlungsgeschichte zu reflektieren. Das künstlerische Kuratieren gerät zur neuen Auftragskunst, die aus einer ganzen Bandbreite ephemerer Interventionen und appropriativer Techniken besteht, aus der aber auch neue Artefakte hervorgehen. Die neue Freiheit der Künstler*innen in den Sammlungen nutzt mit grundlegenden Ansätzen zum post-repräsentativen Kuratieren einher das Handlungspotenzial von Ausstellungsräumen um, öffnet es partizipativ und trägt neue Perspektiven ein, die als ein Beitrag zur Dekolonisierung verstanden werden.

Institutionen bemühen sich um multiperspektivische Präsentationsformen, welche die Bedingungen der kuratorischen Praxis sichtbar und damit für die Museumsbesucher reflektier- und hinterfragbar machen. Zugleich sind künstlerische Interventionen ein Mittel, um für erhöhte Aufmerksamkeit beim Museums-Publikum zu sorgen. Droht also mit der Einladung zur Kooperation die Einverleibung der Kritik und eine Entpolitisierung? Wie unterscheiden sich die Interessen öffentlicher Institutionen von denen privater Sammlungen oder Projekträume? Reflektieren die künstlerischen Formate institutionelle Unterschiede?

Folgende Aspekte stehen unter anderem zur Debatte:

  • historische Perspektiven auf künstlerische Neuordnungen von Sammlungen
  • die sozio-ökonomischen Rahmenbedingungen künstlerischer Kooperationen mit öffentlichen Museen und privaten Sammlungen
  • die mit dem Phänomen verbundenen Diskurse um institutionell vermittelte Werte und gesellschaftliche Normen
  • das künstlerische Kuratieren im Spannungsfeld zwischen Kritik, Komplizenschaft und Auftragskunst
  • die Frage nach dem Verhältnis kuratierter Ausstellungen zum künstlerischen Oeuvre – wann können sie als Kunstwerk gelten?
  • die Formate und ästhetischen Formen künstlerischer Interventionen in Museen
  • die Rolle der Medientechniken, speziell partizipativer Medienformate für den Perspektivwechsel auf Sammlungen
  • Perspektiven auf Sammlungen von „außen“, z.B. durch Projekträume, Aktionen im öffentlichen Raum, fiktive Museen u.a.m.
  • Kontroverse Debatten um Sammlungsinterventionen in der Öffentlichkeit

Eine Tagungspublikation ist geplant.

Organisiert von Bärbel Küster (Universität Zürich), Iris Wien (Humboldt Universität Berlin), Stefanie Stallschus (Technische Universität Berlin).

Bitte senden Sie Ihr Abstract (max. 300 Wörter) mit einer Kurzbiografie bis Freitag, den 04.01.2019 an: jointventures@posteo.de